Seide: Edle Naturfaser mit chinesischer Tradition
Seide ist eine besonders edle, tierische Naturfaser, die bekannt für ihren Glanz und ihre hohe Reißfestigkeit ist. Sie wird traditionell aus den Kokons von Seidenraupen gewonnen, den Larven der ursprünglich in China beheimateten Seidenspinner. Die chinesische Seidenherstellung kann auf eine lange Geschichte zurückblicken:
Es wird vermutet, dass erste Produkte aus Seide bereits im 3. Jahrtausend vor Christus erzeugt worden sind. Im 2. Jahrhundert nach Christus begann schließlich der verstärkte Export chinesischer Seide über die Seidenstraße nach Europa. Neben China sind inzwischen auch Japan, Indien und Thailand wichtige Erzeugerländer von Rohseide. Seit dem 15. Jahrhundert spielt die kostbare Faser auch in der Teppichherstellung eine Rolle.
Exklusive Eigenschaften von Seide
Seide ist ein ganz besonderes Garn: Es ist die einzige textile Endlosfaser, die in unserer Natur vorkommt. Die kostbare Faser besteht aus den langkettigen tierischen Eiweißmolekülen Fibroin und Selecin, die verantwortlich für die außergewöhnliche Reißfestigkeit und den Glanz des Seidenfadens sind. Dabei ähnelt die Struktur der Eiweißmoleküle stark der Eiweißstruktur unserer Haut. Daher empfinden wir glatte, feine Seidenstoffe als sehr „vertraut“ und angenehm zu tragen.
Zudem hat die Seidenfaser eine temperaturausgleichende Wirkung: Bei kalten Temperaturen wirkt sie wärmend und bei warmen Temperaturen kühlend. Selbst Nässe trotzt sie: So kann Seide bis zu 30 Prozent Ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen und fühlt sich dennoch nicht nass an. Die Faser trocknet zudem schnell und knittert kaum.
Wie entsteht ein Seidenfaden
Es gibt verschieden Raupenarten, die Seide unterschiedlicher Qualität produzieren. Die höchste Qualität hat die Seide des Maulbeerseidenspinners. Daher wird diese Seide am häufigsten produziert. Wie der Name bereits vermuten lässt, ernähren sich Maulbeerseidenspinner ausschließlich von den frischen Blättern des Maulbeerbaums.
In Drüsen an der Unterlippe produzieren die Seidenraupen Seidenfäden. Diese Fäden legen sie in hunderttausend Windungen (etwa 3000 Meter Länge) um sich herum und erstellen somit einen Kokon, in dem sie sich verpuppen.
In der Zucht wird der Kokon verarbeitet bevor die Puppe abgeschlossen ist, damit diese besondere, natürliche Faser nicht beschädigt wird. Aus dem Kokon entstehen schließlich drei verschiedene Seiden-Qualitäten: Die Haspelseide ist der wertvolle Endlosfaden, der vom Kokon abgewickelt bzw. abgehaspelt wird. Dieser ist besonders glatt und fein. Die kurzen Restfasern, die beim Abhaspeln zurückbleiben, werden zur gröberen Bouretteseide versponnen. Ist der lange Faden abgehaspelt, bleiben weitere Seidenfasern übrig, die nicht mehr als Ganzes abgehaspelt werden können. Aus diesen entsteht die sogenannte Schappeseide.
Nach dem Abwickeln wird die Seide in Seifenwasser vom Bast befreit, der die Fäden verklebt. Je mehr Bast entfernt wird, umso glänzender und weicher wird der Faden.
Um Webgarne herzustellen, werden schließlich mehrere Seidenfäden der Haspelseide miteinander verzwirnt. So entstehen Schuss- und Kettfäden.
Seide in der Teppichherstellung
Seide spielt auch in der Teppichherstellung eine Rolle. Die kostbare Faser wurde seit jeher als edles Material geschätzt und so blickt das Knüpfen von Seidenteppichen auf eine lange Tradition zurück. Die ersten nachgewiesenen Seidenteppiche stammen aus dem 15. Jahrhundert. Hier wurden die kostbaren Teppiche ursprünglich nur in höfischen Manufakturen hergestellt. Auch Bauern und Nomaden knüpften hin und wieder Seidenteppiche. Neben China sind die Türkei, der Iran und Indien wichtige Seidenteppich-Hersteller.
Unterschiede in der Qualität von Seidenteppichen
Es gibt reine Seidenteppiche und Teppiche, bei denen nur der Flor aus Seide besteht. Bei reinen Seidenteppichen wird die Seidenfaser für Kette, Schuss und Flor verwendet. Solche hochwertigen Seidenteppiche kommen in der Regel aus der Türkei, dem Iran oder China. Besonders wertvoll und von höchster Qualität sind Seidenteppiche aus Hereke oder Kayseri. Auch die iranischen Provinzen Isfahan und Ghom sind bekannte Hersteller kostbarer Teppiche aus reiner Seide.
Außergewöhnliche Knüpfdichte
Seidenfäden sind sehr dünn und ermöglichen daher sehr hohe Knüpfdichten von bis zu 25 x 25 Knoten auf einen Zentimeter (mehr als 6 Millionen Knoten pro Quadratmeter). Diese hohen Knüpfdichten sind natürlich nur bei reinen Seidenteppichen realisierbar.
Teppiche, bei denen Seide nur für den Flor verwendet wird kommen häufig aus Indien und Pakistan. Im indischen Kaschmir werden Seidenteppiche beispielsweise häufig auf Baumwolle geknüpft. An den Fransen – dem Ende des Kettmaterials - erkennt man, ob es sich um einen reinen Seidenteppich handelt oder für Kette und Schuss anderes Material verwendet wurde.
Eine weitere Verwendung von Seide bei der Teppichherstellung ist die optische Akzentsetzung. So wird beispielsweise der Teppichrand eines gewöhnlichen Wollteppichs mit Seidenmotiven verziert, oder Muster werden durch glänzende Seidenfäden hervorgehoben.
belastbarkeit von Seidenteppichen
Zwar ist Seide sehr reißfest, jedoch leider nicht sonderlich strapazierfähig und zudem schmutzanfällig. Der Flor ist dünn und im Verhältnis zu Wollteppichen schneller abgerieben. Die besondere Haptik und der unaufdringliche Glanz dieser Teppiche halten jedoch die Faszination Seide seit Jahrtausenden ungebrochen. Am besten eignet sich ein Seidenteppich als edler Wandbehang oder als wertvolles Accessoire in einem wenig begangenem Raum.
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